Geschichten :

Rätsel über Rätsel

…oder „Pamsel“.

Vallconnan Adlerwappen mini

Eine Erzählung über Geschehnisse auf der Grenzfeste Dragonford.
Erlebt und aufgeschrieben von Sir Braddock im 4. Locknar 497 v.K.

Der Wind war kälter geworden. Der Tag neigte sich dem Ende. Eigentlich hätten beide schon da sein sollen. Doch ich kannte sie zu gut, um mir jetzt schon Sorgen zu machen. Ich stand mit einem Becher gutem Wein und schweren Gedanken in der Halle am großen Kamin. Das Gemäuer war mir immer noch nicht ganz zur Heimat geworden, obwohl ich schon vier Monate hier auf Dragons Keep lebte. Und gerade in dieser Nacht waren die dunklen Steine sehr erdrückend und gespenstig.

Ich hörte nicht, daß die große Tür geöffnet wurde. Doch der kalte Luftzug in meinem Nacken fuhr mir tief ins Gebein. Die donnernde Stimme von Major  Graham dröhnte durch den Saal. „Sire, es ist Besuch eingetroffen.“ Langsam drehte ich mich um. Da stand Martin im Türbogen. Er sah müde und erschöpft aus, aber er lachte mir entgegen. Wir begegneten uns in der Mitte des Raumes und fielen uns in den Arm. So viele Abenteuer hatten unsere Freundschaft gefestigt. „Martin, ich freue mich, daß du endlich da bist. Wie war die Reise?“- „Wir kamen gut voran. Aber ich bin froh, endlich am Ziel zu sein. Wo ist Leon?“ – „Er ist noch nicht da, aber er müßte bald kommen. Soviel ich weiß, kommt er direkt aus Mondschau. Aber setzt euch doch und ruht euch aus…  Major?“ – „Sire !“ Immer wieder versetzte mich der Major in Erstaunen – und jedesmal zuckte ich zusammen. Major Graham Attwood hatte die – gute? – Angewohnheit, immer da zu sein wo man ihn brauchte, aber nicht erwartete. „Die Männer von Sir Martin of Mont Rigi sollen Quartier beziehen und versorgt werden.“ – „Jawohl, Sire.“ Der Major verließ den Saal und man hörte ihn draußen mit seiner alles übertönenden Stimme Befehle über den Hof brüllen.

Martin und ich nahmen am großen Tisch in der Mitte der Halle Platz. Martins Knappin Carol setzte sich ebenfalls. Ein Ordonanzsoldat der Freiwache brachte uns neuen Wein und etwas zu Essen. Wir unterhielten uns über unser Vorhaben, nach alten Schriften oder Aufzeichnungen zu suchen. Leon hatte die Idee gehabt und seit ich damals auf der Königsjagd das Pergament der Spinne fand, war auch ich davon besessen, weitere Hinweise zu finden. Sobald Leon eingetroffen war, wollten wir mit unserer Suche beginnen.

Etwas später ersuchte ein Reisender Gehör bei mir. Er berichtete, daß er unten im Dorfe auf einen Wagenzug mit anderen Handwerkern seiner Zunft warte. Diese seien überfällig und er mache sich Sorgen. Sie wollten durch den Hertogenwald reisen und schon am vorherigen Tage eingetroffen sein. Die Dämmerung war schon weit fortgeschritten, also versprach ich ihm, am Morgen eine Patrouille zu schicken. Ich beruhigte ihn und ließ ihn in der Herberge im Dorf einquartieren. Wahrscheinlich hatten sich die Menschen nur im letzten Gasthaus festgesoffen. Martin und ich wandten uns wieder unserem Plan zu. Wir vertieften uns in Ideen und Mutmaßungen und sammelten noch einmal alle bisherigen Informationen.

Plötzlich flog die zweiflügelige Tür der Halle auf und der Major kam hereingeeilt. „Sires, die Südpatrouille ist zurück. Sie haben etwas gefunden … Aber seht es euch am besten selbst an.“ Wir folgten dem Major auf den dunklen Hof. Dort standen etwa zwei Dutzend Soldaten, die durch die Aufruhr neugierig geworden waren. Die wenigen Fackeln im Sturm tauchten die Szenerie in ein unwirkliches Licht und der Auslöser der Unruhe ließ auch uns kurz den Atem stocken. Vor uns auf dem Boden lag, noch halb in eine Plane gehüllt, ein lebloser Körper, seltsam verrenkt. Der Major brach als erstes das Schweigen. „Er wurde am Waldrand gefunden, auf dem Karrenpfad.“ – „Major, ich möchte die Patrouille gleich in der Halle sprechen. Laßt die Leiche in die Schmiede bringen und aufbahren. Und ich möchte, daß keiner an den Körper herangeht. Wir werden ihn uns gleich noch einmal genauer ansehen.“ Das Bündel wurde weggeschafft und wir gingen in die Halle zurück. Kurze Zeit später standen zwei Dutzend Männer vor uns. Wir befragten Sie noch einmal genauer nach den Gegebenheiten. Doch viel wußten die Soldaten auch nicht. Wir erfuhren, daß der Tote etwa zehn Schritt in den Wald hinein auf dem Weg gelegen hatte. Es machte den Anschein, als sei er in Todesangst gestorben und erstarrt. Seine Spur kam den Weg entlang aus dem Wald. Sonst gab es keine Spuren.

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Nach kurzer Beratung gingen Martin und ich zur Schmiede hinüber. Carol folge uns. In dem kreisrunden Raum stand trotz kalter Esse und hohem Gewölbe der beißende Geruch von Schmiederauch. In der Mitte lag der Leichnam des Unbekannten auf einer Werkbank aufgebahrt, verdeckt durch eine Zeltbahn. Wir schickten die meisten Leute aus dem Raum. Die Wachen sollten vor der Tür bleiben und einige Wachen waren im ersten Stockwerk des Turmes. Nur noch fünf Menschen blieben in der kalten Schmiede zurück. Martin und ich, Carol wartete hinter uns, der Major stand im Türrahmen, den er fast vollständig versperrte, und da war der tote Körper des auf so grausame Weise entstellten Menschen. Die Stille drückte auf die Köpfe, so daß wir einen Augenblick wie erstarrt verweilten, ehe Martin als erster einen Schritt an den Tisch machte. „Lassen wir´s hinter uns bringen.“ sagte er und schlug die Plane zurück. Auch jetzt sah der Fremde nicht weniger schrecklich aus, wie zu Stein erstarrt, mit den Armen vor sich ausgestreckt und den Beinen angezogen und bleich wie Kalk.

Langsam begannen wir, den Körper genauer zu betrachten. Die Gliedmaßen waren in dieser verkrümmten Haltung wie aus Eisen und nicht zu bewegen. Am linken Oberschenkel fanden wir eine große Wunde, als ob das Fleisch von den Knochen gerissen wurde. Plötzlich schrie Carol laut auf. Sie war auch an den Tisch herangetreten und stand am Kopfende. „Sire, seht!“ Carol war fast so bleich geworden wie der vor uns liegende. Und als wir ihrem Blick folgten, erkannten wir am Hals des Unglücklichen zwei kleine Löcher, einen Finger breit auseinander. Sofort schoß mir ein Gedanke durch den Kopf. Doch es war Martin, der sprach. „Wir sollten sofort nach einem Priester schicken. Ich kenne solche Male… Kirsonisches Pack.“ –  „Major…“ sagte ich nur, als dieser schon erwiderte „Ich werde ihn holen lassen.“ Er verließ den Raum und der kalte Wind zog herein. Als er wiederkam, gab ich Befehl, daß niemand in diesem Raum verweilen sollte. Vor der Tür sollten ein halbes Dutzend Männer postiert werden. Die andere Hälfte des Squads sollte die Feuerwache im ersten Stock verstärken.

Wir schlugen die Plane wieder über den Körper. Martin öffnete die Tür und wir wollten den Raum verlassen, als ich aus den Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Hastig drehte ich mich um und sah, daß eine Hand plötzlich aus der Plane herausragte. Martin sah es auch und zog mit einer Bewegung die Plane weg und seinen Dolch aus dem Gürtel. Doch nichts sprang uns an und auch sonst sah jetzt wieder alles wie vorher aus. Nach einigen Augenblicken der Ratlosigkeit wiesen wir den Major an, seine Wachen zu besonderer Aufmerksamkeit anzuhalten. Ich zog die Plane wieder über den Tisch und wir wandten uns erneut zur Tür. Diesmal nahm ich mir vor, aufmerksamer zu sein. Und just, als Martin am Türring zog, offenbarte sich das Geheimnis. Wieder öffnete sich die Tür, wieder blies uns kalte Nachtluft ins Gesicht und wieder hob der Wind die Plane an und ließ wie zum Hohn genau die selbe Hand des Toten wieder zum Vorschein treten.

Wir ließen die Schmiede hinter uns und ich muß gestehen, daß ich froh darüber war. Wir hörten Carol hinter uns tief durchatmen, als wir den Hof überquerten. Die große Halle mit den zwei flackernden Kaminfeuern empfing uns mit Wärme und einem Gefühl von Sicherheit. Die Zeit, bis daß der Priester, Pater Anthony, kam, erschien uns wie eine halbe Ewigkeit. Jedes Mal, wenn irgendein Soldat die schwere Tür hereintrat, drehten wir uns erwartungsvoll um, nur um zu merken, daß es immer noch nicht so weit war.

Pater Anthony war recht unleidlich, daß er zu dieser Zeit geweckt wurde, doch er nahm seine Aufgabe sehr ernst und gewissenhaft. Als er in der Halle eintraf, zögerten wir keinen Augenblick. Damals war es mir nicht aufgefallen; aber als ein Wachsoldaten mit dem Priester von draußen eintrat und die Tür wie allgemein üblich im Vorbeigehen zustieß, blieb diese wie fest geleimt noch einen Augenblick offen, ehe sie doch noch zufiel. Doch ich hatte andere Gedanken im Kopf, so daß ich mir über klemmende Türscharniere keine Sorgen machen wollte…

Wir gingen zurück in die Schmiede. Der Priester vollzog seine Weihe und führte den Unglücklichen Locknar, dem Nehmer zu, auf daß Larinar neues aus dem Atma schaffen kann.

Sichtlich erleichtert waren wir alle. Trotzdem beschlossen Martin und ich, noch einige Zeit auf dem Posten zu bleiben, denn beide hatten wir noch immer ein ungutes Gefühl im Bauch. Nur Carol sollte zu Bett gehen und die wenigen verbleibenden Stunden der Nacht nutzen, etwa Schlaf zu finden. Ein Ordonanzsoldat brachte Martin und Carol in die Gästekammer. Kurz darauf kehrte Martin zu mir in die Halle zurück.

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Nur im Nachhinein konnten wir nachvollziehen, welche Ereignisse sich zutrugen in den folgenden Stunden. Doch zuerst war alles sehr mysteriös.

Martin und ich ließen uns noch einen Happen und einen guten Schluck bringen, als plötzlich Carol verstört und hastig zu uns eilte. Ich sah sie als erster aus dem Treppenhaus treten und sprang auf „Was ist geschehen ?“ Martin hatte sich ebenfalls umgedreht und trat zu seiner Knappin: „Carol, sag schon. Was ist los ?“ Sie berichtete stockend und knapp. „Ich wurde wach durch ein Geräusch oder etwas anderes. Als ich mich aufsetzte, konnte ich nichts ungewöhnliches erkennen, doch mir war so, als ob ich nicht alleine wäre. Ich stand auf und wollte mich umsehen. Dann sah ich, daß Eure Satteltasche offen stand, Sire. Ich bin mir sicher, daß ich Sie verschlossen hatte.“ Carol hatte noch nicht den letzten Satz voll ausgesprochen, als Martin und ich schon auf dem Weg nach oben.Martins Kammer wurde nur erhellt durch das Licht des heruntergebrannten Kamins. Ich holte aus dem Treppenhaus eine Fackel. Indessen hatte Martin den Raum schon betreten. Carol stand zögernd an der Tür. Als ich die Fackel im Zimmer hochhielt, sahen wir mehr. Doch alles sah normal aus. Martin ging zu seinem Gepäck. Die Satteltasche war verschlossen ! Zuerst vermutete ich, daß Carol wohl schlecht geträumt haben wird. Martin, der einen Blick auf Carol warf, dachte wohl ähnliches. Doch bei der Durchsicht der Papiere stellte Martin fest, daß ein Schreiben des Königs fehlte. „Also war wirklich jemand hier.“ – „Ich kann mir nicht vorstellen, daß einer meiner Männer das getan hat. Doch wir müssen trotzdem auf der Hut sein. War es ein wichtiger Brief ?“ – „Glücklicherweise nicht. Carol, hast Du wirklich niemanden gesehen ?“ – „Nein, nur dieses Gefühl, aber sonst war nichts im Raum.“ Nach einigen Minuten hatten wir uns davon überzeugt, daß im Raum wirklich alles sonst so war, wie vorher. Also sollte sich Carol wieder hinlegen. „Versuch trotzdem ein wenig, zu schlafen.“ Mit diesen Worten ließ Martin Carol zurück und folgte mir nach oben zu meinem Gemach. Hier war nichts zu entdecken, was auf eine Durchsuchung schließen ließ. Wir gingen nach unten zurück, wo ich dem Major diese Geschichte erzählte. Ich ließ im Treppenhaus eine Doppelwache aufstellen, die jeden Zutritt zu den Gemächern verweigern sollten, es sei denn, der Major, Martin oder ich würden persönlich kommen. Niemand sollte jedoch etwas über die Geschehnisse erfahren, bis wir mehr wußten. Major Graham runzelte wie selten ratlos die Stirn, über die seltsamen Vorgänge, doch er gab die Befehle weiter. Ich beschloß, noch eine Weile meine Gedanken zu ordnen. Martin wollte endlich etwas Schlaf bekommen nach der Reise und dem aufreibenden Abend. Er ging noch in die Küche, um einen Krug Wasser für sich und einen Humpen Milch mit Honig für Carol zu holen.

In der Küche brannte wie üblich ein kleines Kochfeuer, an welchem sich die Soldaten der Readywatch einen Würzwein oder eine Suppe holen konnten. Der Raum war ansonsten dunkel und verlassen. Martin erzählte mir am nächsten Morgen, daß er in der Küche Steven, meinen Kämmerer getroffen habe. Er hätte wohl etwas unwirsch geklungen, schroff und ungewohnt zurückhaltend. Doch das lag wohl augenscheinlich an der fortgeschrittenen Stunde. Mit einem Krug Wasser und einem dampfenden Becher heißer Milch ging er vorbei an der Wache im Treppenhaus auf seine Kammer. Carol wurde wach, als er eintrat und beide bemerkten wohl fast gleichzeitig, daß die Satteltasche wieder offenstand. Carol hatte fest geschlafen und diesmal nichts gemerkt. Als Martin nachsah, war das königliche Schreiben wieder da, wo es gesteckt hatte. Da nichts weiter zu entdecken war, legte sich Martin ebenfalls hin.

Ich bin nach einer guten Weile ebenfalls in meine Kammer gegangen. Mein Blick nach Westen aus dem hohen Fenster meines Gemachs war heute mehr beruhigend als sonst. Die nur vom blassen Mondschein erhellten hügeligen Wälder waren im Moment scheinbar ruhiger, als der trügerische Friede auf meiner eigenen Burg. Ich versuchte, den Gedanken zu verwerfen und legte meine Kleider ab. Im Untergewand schlug ich die Bettdecke zurück. Im selben Moment schnappte ein dunkles Etwas nach mir. Mitten auf meinem Bett lag eine schwarz glänzende Schlange. Ihr Kopf war hoch erhoben und sie zischte mich an. Immer wieder schnellte ihr Kopf nach vorne, um mich zu beißen. Ich wich schnell zurück und tastete nach meinem Schwert. Als ich es endlich gezogen hatte, schlug ich auf das Tier ein. Mehrere Hiebe verfehlten ihr Ziel in der Dunkelheit, bis ich sie endlich traf. Doch hörte die Schlange erst nach einigen weiteren Hieben auf, zu schnappen. Trotz ihrer Verletzungen kroch sie noch recht flink unter das Bettgestell.

Durch den Lärm der Schläge und durch mein Fluchen aufgeschreckt, stürzten Martin und Carol herein, gefolgt von den Wachen aus dem Treppenhaus. Gemeinsam schoben wir das Holzgestell beiseite und nach einigen langen Augenblicken hatten wir das Tier erschlagen.

Die Reste ließ ich in eine hölzerne Kiste packen und diese verschließen, damit der Alchimist sie noch ansehen konnte. Zwar war jetzt wieder Ruhe eingekehrt, doch aufgewühlt, wie ich war, konnte ich nicht schlafen. Nach einer gründlichen Durchsuchung der Kammer warf ich die zerfetzte und besudelte Strohmatratze hinaus und ließ mir aus dem Vorrat auf dem Dachboden einen Strohsack bringen.

Schwer fand ich Ruhe, doch irgendwann senkte sich auch über mich der bleierne Vorhang tiefen Schlummers. Unausgeruht weckte mich der Hahn aus traumlosem Schlaf.

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Wir erreichten den Waldrand recht früh am Vormittag. Der Himmel war klar und die Sonne schien uns ins Gesicht, als wir auf der Wachstraße Richtung Süden ritten.

Gegen Sonnenaufgang waren wir aufgebrochen. Sichtlich müde waren Martin und Carol, als sie zum schnellen Frühstück kamen. Viel besser fühlte ich mich auch nicht, doch die Geschehnisse der letzten Nacht brachten meinen Geist recht bald wieder zum arbeiten. Der Major hatte bereits einen berittenen Squad zusammengestellt, angeführt von dem Lieutenant, der die Patrouille am letzten Abend befehligt hatte.

Wir ritten schnell und ohne Aufenthalt, kreuzten bald den Weg nach Ironhill und gelangten zur Kreuzung der großen Wachstraße mit dem Karrenpfad durch den Hertogenwald. Der Waldrand war noch einige Achtelmeilen entfernt, doch das Gelände davor war flach und in der Ferne ragte drohend wie eh und je der düstere Saum des verwunschenen Forstes auf. Ohne Halt schwenkten wir auf den Karrenpfad und eilten weiter. Unmittelbar vor den ersten Bäumen hielten wir das erste Mal richtig an, um den Pferden eine Verschnaufpause zu gönnen und uns selbst einen Moment der Beratschlagung zu verschaffen. Der Squadleader deutete auf den gähnenden Schlund, in dem der Weg im Wald verschwand. Also ritten wir – jetzt langsamer – in den Wald hinein.

Unter dem Blätterdach war das ewige Dämmerlicht unverändert. Wir ritten weiter und der Wald schloß sich um uns. Kurz darauf deutete der Offizier der Abendpatrouille auf eine Stelle des Weges.  „Dort lag er. Die Spur ist noch zu erkennen. Er kam aus dem Wald, den Weg entlang.“ Wir schauten uns um, durchwühlten das nahe Unterholz, doch wir fanden nichts weiteres. Es blieb uns nur, dem Weg weiter ins Waldesinnere zu folgen.

Der alte Karrenpfad war schmal und an vielen Stellen von wuchernden Pflanzen fast zugewachsen. Der Weg zog sich in einigen leichten Windungen in die Tiefe des Waldes hinein. Die Stille des Waldes war bedrückend und trügerisch. Wir erreichten eine Biegung des Weges, die wir nicht einsehen konnten. Alle waren durch das Dämmerlicht des Forstes und die wachsende Spannung gereizt und unruhig. Vor uns bog der Weg nach rechts ab und verschwand hinter einem Felsen, der, beinahe wie ein Nagel aus dem Boden ragend, fast die Höhe der riesigen Bäume erreichte. Langsam ritten wir weiter. Mein Blick war nach oben gerichtet, zur Spitze des Felsens. Ein wunderbarer Ort für einen Hinterhalt. Mein ganzer Körper straffte sich, als ob gleich der erste Schlag auf mich heruntersausen würde. Doch nichts dergleichen passierte. Vielmehr wie versteinert blieb mein Blick auf etwas hängen, als mein Blick wieder den Pfad erreichte.

Der Weg beschrieb gleich nach der Biegung nach rechts, welche wir gerade umritten, eine weitere Kurve nach links und führte in eine Art Hohlweg hinab. Die Böschung an beiden Seiten des Weges war gut eine Mannslänge hoch und das dichte Unterholz hing bis über die Kante. Was allerdings meine Augen festhielt, war genau in der Mitte der vor uns liegenden Schlucht. Ich hörte einige geflüsterte Bemerkungen und in meinem Rücken stieß jemand scharf den Atem aus …

Als wir uns von unserem ersten Schrecken erholt hatten, begann mein Verstand wieder, zu arbeiten. Ich musterte das Szenario genauer, als wir abstiegen und uns zu Fuß dem Hindernis näherten. Ein Pferdekarren blockierte den gesamten Weg, doch sah es aus, als sei er einfach stehengelassen worden. Keine Seele war zu sehen. Ich ließ die Männer das nähere Gebiet absuchen. Martin, Carol und ich sahen uns den Wagen genauer an.

Der zweiachsige Wagen war bis unter die halbrunde Plane vollgeladen mit Handelswaren. Carol bemerkte das Loch im Dach der Plane zuerst. Als unser Blick nach oben wanderte, schauderte es wohl uns allen. Zwischen den Bäumen waren in etwa fünf Mannshöhen silbrige Fäden zu sehen, doch von solchen Ausmaßen, daß „Fäden“ wohl etwas untertrieben wirkt. Wir gaben eine Warnung an die Männer und ließen sammeln. Einige Soldaten hatten eine Art Schleifspuren gefunden, die vom Weg wegführten.

Ich teilte die Männer ein. Zwei sollten bei den Pferden bleiben, weitere drei durchsuchten den Wagen nach Hinweisen und sollten ihn vom Weg schaffen, damit der Pfad wieder passierbar wurde. Der Rest folgte uns in den Wald hinein. Die Spur war deutlich erkennbar, doch bestimmt keine Schleifspur. Das Unterholz und der Bodenbewuchs waren säuberlich niedergedrückt, als wenn es ein vielbenutzter Pfad sei. Es war merkwürdig.

Unsere zehnköpfige Truppe folgte der Spur immer weiter in den Wald, fort vom Weg. Auch hier waren die „Fäden“ zu sehen. Hier und da konnte man welche in den Bäumen sehen. Wir liefen bestimmt eine Stunde, da meldete unser Vorläufer ein Hindernis, auf welche die Spur direkt zulief. Nach kurzer Zeit standen wir vor einer aus diesen Fäden gewebten Wand, vielmehr eine Art kreisrunder Kuppel, von der wir nicht wußten, ob sie oben geschlossen war. Sie maß etwa achtzig Schritt im Umfang. Offensichtlich gab es kein Hinein. Die Spur führte genau in die Wand hinein, ohne ein Zeichen einer Öffnung. Wir umliefen dieses Etwas mehrfach, bis uns an einer Stelle, an der ein großer umgestürzter Baum in das Flechtwerk verwoben war, etwas ins Auge fiel. Den hohlen Stamm hatten wohl die fleißigen Weber übersehen.

Ein Blick ins Innere durch die Öffnung gab keinen weiteren Aufschluß. Also sandte ich zwei Männer zurück, um Meldung zu machen und die restlichen Leute zur Verstärkung zu holen. Doch wollten wir nicht warten und machten uns auf, einer nach dem anderen durch den hohlen Stamm zu kriechen. Unser Sergeant machte mit dem Corporal den Anfang. Danach folgte Martin, dann ich und die restlichen Soldaten. Carol stand am Ende der Reihe.

Der Sarge erreichte das Ende der Röhre, richtete sich auf und trat den Weg in Ullums Hallen an. Denn wie aus dem Nichts kam ein dunkles Etwas von links auf ihn zugesprungen, warf ihn um und begrub ihn unter sich. Seine Schreie waren furchtbar. Ein weiterer Schatten tauchte genau vor der Öffnung auf. Corporal William konnte noch den Dolch ziehen, um sich zur Wehr zu setzen. Doch unser Vorankommen war vorerst zu Ende. Nur mühsam konnte sich William erwehren, doch einige glückliche Treffer schwächten das Monster so sehr, daß auch Martin und ich aus dem Ende des Stammes kriechen konnten.

So standen wir drei, die Waffen in der Hand und das Blitzen Locknars in den Augen. Es bot sich uns ein grauenvolles Bild. Das Etwas, was unseren Sergeant auf dem Gewissen hatte, war eine mannsgroße Spinne, schwarz mit langen Haaren an Körper und Beinen und angsteinflößenden Beißscheren. Sie kauerte immer noch auf dem leblosen Körper, dessen Wappenrock langsam von Rot durchzogen wurde. Die zweite Spinne war nicht kleiner, aber sehr viel aktiver. Ich starrte noch auf das Drama, als Martin schon William zu Hilfe kam. Zu zweit drängten sie das zappelnde Tier langsam zurück.

Erst jetzt bemerkte ich, daß sich im Hintergrund dieses Runds an verschiedenen Stellen der Boden bewegte. Gut ein Dutzend weiterer Achtbeiner quoll aus dem Boden, manche schnell, andere langsamer auf uns zu. Gerade ein weiterer Soldat hatte Zeit genug, sich aus dem Baum zu zwängen, bis wir gegen die nächsten Angreifer antreten mußten. Jeder von uns Vieren sah sich wohl zwei oder mehr Viechern gegenüber. Wir schwangen unsere Schwerter, doch schienen unsere Hiebe wenig mehr auszurichten, als sie auf Distanz zu halten. Die Schwertarme wurden uns schon müde, bis wir die ersten dieser Bestien in den Kreislauf gesandt hatten. Die Kämpfe zogen sich auseinander. Nach und nach kamen die anderen durch den Baum und fanden genügend Gegner für jeden. Carol schwang ihren Kolben tapfer.

Als mir kurze Zeit blieb, ehe mich neue Spinnen erreichten, sah ich mich hastig in dem Terrain um. Die gewebten Wände erreichten wohl eine Höhe von 10 Schritt. Ein Dach fehlte, man sah den blauen Himmel, was ein wenig erleichternd auf mich wirkte. Die Lichtung war mit hüfthohem Buschwerk bewachsen. Links von mir, es mag wohl Richtung Norden gewesen sein, war ein Wasserloch, schilfbewachsen und modrig riechend. Überall verstreut lagen Beutereste, Knochen und Kot der Biester, der meiste Wuchs war niedergedrückt. Ich blickte zu Martin und meinen Leuten hinüber. William und Martin standen dicht beieinander und schlugen auf drei Achtbeiner ein. Zwei zusammengekrümmte schwarze Haufen lagen unmittelbar daneben – erfolgreich! Einer meiner Leute hatte mit seinem Speer den Mörder des Sarge zum Nehmer geschickt. Die beiden anderen schlugen sich tapfer gegen eine Überzahl.

Eine Spinne wandte sich von Martin um und bewegte sich erstaunlich gewandt auf mich zu. Ich trat um einen Busch herum, um besser schlagen zu können. Eonar möge gerecht sein – mein linker Fuß verfing sich im Efeu und ich strauchelte. Schwer landete ich auf der Seite, wobei ich mit vollem Gewicht auf meinem Schwertarm lag, meine Klinge eingeklemmt. Schon war diese haarige Bestie über mir, schnappte mit ihren Zahnreihen nach meinem Gesicht. Als ich bereits blutende Schrammen im Gesicht und auf dem Schildarm hatte und meine linke Hand gefühllos wurde, spritzte mir plötzlich etwas ins Gesicht. Im ersten Moment dachte ich, es sei mein eigenes Blut, aus einer Kopfwunde strömend. Da ich keinen größeren Schmerz empfand, kam mir die Angst, die Spinne hätte Gift gespuckt. Doch es war das Blut der Spinne, welches rund um einen Speerschaft herausquoll, der im Kopf der Spinne steckte.

„William Shawn Sheppard, stets zu Diensten“ sagte der Soldat in dem typischen ost-saltwayer Akzent, den ich nie mehr vergessen sollte. Der Mann zog den Speer aus dem zuckenden Leib und verschwand sogleich wieder aus meinem Blick. Ich stand auf und sah zu den anderen. Martin war bei Carol. Zusammen schlugen sie auf eine Spinne ein. Der Soldat Sheppard trieb eines dieser Monster vor sich her, stieß ihr den Stahl tief in den Leib. Den Corporal konnte ich nicht sehen, die beiden anderen Soldaten waren in der Nähe unseres Eingangs. Der eine versorgte wohl gerade den anderen. Ich konnte nur noch eine Warnung schreien, als bereits die Spinne, die sich aus dem Baum über den beiden abseilte, den knienden Mann ergriff und ihn schreiend und zappelnd nach oben zog. Geistesgegenwärtig, aber sichtlich schwach schlug der Liegende mit seinem Schwert nach dem Tier, traf die Spinne am Torso, aus dem Blut hervorspritzte. Der Achtbeiner ließ meinen Mann fallen, der leblos zu Boden ging. Sie attackierte den Verletzten, der sich gerade auf den Knien halten konnte. Ich packte mein Schwert fester und rannte los. Im Laufen sauste meine Klinge herunter auf das Hinterteil der Spinne. Sie hinterließ eine tiefe Wunde, doch nicht genug, um das Tier zu töten. Sie zog sich etwa zwei Schritt hoch an ihrem Faden vom Boden weg. Zu ihr aufblickend bemerkte ich erst im letzten Moment, daß mir eine andere Spinne in den Rücken springen wollte. Ich wirbelte herum und stieß zu. Locknar sei Dank traf ich sie zwischen die Augen und sie sackte zusammen. Ich selbst verlor das Gleichgewicht und landete auf dem Rücken, direkt unter der hängenden Gefahr. Sogleich wollte die Kreatur sich auf mich herablassen, doch sie bohrte sich so mein Schwert, das nach dem Sturz mit der Spitze nach oben in meiner Hand lag, selbst in den Leib, bis es oben wieder heraustrat. Mit Mühen befreite ich mich von dem Leichnam auf mir und sah nach den beiden anderen. Der Verletzte, Soldat John,  lebte. Der, der ihn versorgt hatte, lag mit gebrochenem Genick auf dem Bauch, das Gesicht ins Gras gedrückt. Ullum, nimm unseren Kamerad Jacob in deine Hallen auf.

Die anderen Kämpfe ebbten ebenfalls langsam ab. Alle Gegner schienen besiegt. Martin und Carol hatten eine Hand voll zerfetzter Spinnenleiber um sich herum liegen. Der Soldat Shawn Sheppard gab gerade einem Viech den Rest und verstreut lagen noch mehr Kadaver. Doch auch wir hatten Verluste. Der Sergeant war fürchterlich entstellt worden. Corporal William lag mit zerbissenem Gesicht und aufgerissenem Brustkorb unter einer toten Spinne und dem Soldat Jacob war das Genick gebrochen worden. Wir legten unsere Toten nebeneinander und begannen, uns umzusehen in dem Rondell.

Wir fanden in einer Grube einige Phiolen, teils leer, teils mit Resten eines unbekannten Gebräus und beschlossen, sie mitzunehmen. Auf einem Haufen lagen die Leiber der Menschen, die wohl die Kaufleute waren, wie wir vermuteten, grauenvoll verstümmelt.

Bevor wir abmarschierten, sahen wir uns noch den Tümpel an. Er war größer, als zunächst zu sehen, da viele trügerische Grassoden bereits schwimmende Fetzen auf grundlosem Moor waren. Dort machten wir eine grausige Entdeckung. Wir sahen im Morast unter der Wasseroberfläche einen völlig verstümmelten Körper, an dem nur noch die Knochen menschlich aussahen. Doch hingen an ihm Fetzen eines Wappenrockes mit abgesetzten Steifen …

Da wir alle gestern vergeblich auf Leon gewartet hatten, der alleine von Mondschau kommen wollte, kam uns ein schrecklicher Verdacht. Martin schluckte hörbar, Carol wandte sich ab und ich mußte mich auch zusammenreißen. Dann entdeckte Carol am Ufer unter den Überresten der Ausrüstung eine lederne Schriftentasche bei dem Leichnam. Martin hob sie auf und öffnete sie. Das Pergament war unbeschädigt. „… ich bin aufgehalten worden und komme erst Ende der Woche … Leon“ Das Schriftstück brachte zwar Erleichterung, doch die Trauer um einen Landsmann blieb.

Wir zogen den Toten aus dem Wasser, doch noch ehe ich wieder auf trockenem Boden stand, zog mir etwas die Beine weg, daß ich der Länge nach im Wasser landete. Vor mir im Wasser tauchte der Schlund einer Schlange auf, einer Schlange mit einem Körper so groß, wie ein alter, dicker Baum und faustgroßen, schwarzen Augen. Ihre Zähne waren fingerlang und schimmerten gelblich. Ungeschickt zog ich noch auf Knien meine Klinge und schlug zu. Bei dem Treffer entglitt mir das Schwert und versank in der schwarzen Tiefe des Tümpels. Martin reagierte besser und schlug mit dem Kolben zu, während er mich mit Carols Hilfe aus dem Wasser zog. Meiner Waffe beraubt suchte ich nach einem Ersatz. Ich fand die Axt eines Soldaten am Boden und gemeinsam gingen wir die Schlange an. Drei oder vier Mal tauchte sie noch auf. Wir trafen sie schwer und ihr braunes Blut färbte das dunkle Wasser noch düsterer. Dann verschwand sie unter dem Sumpf, ob lebendig oder tot, kann keiner von uns sagen.

Noch bevor die restlichen Männer vom Weg zu uns stießen, hatten wir die Verletzten und unsere Toten aus dem Rund gebracht. Gemeinsam schafften wir sie zum Weg und zu den Pferden.

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Später schickte ich drei Squads zu der Stelle, um das Rund abzufackeln, die Kadaver zu verbrennen und den Leichen der Kaufleute nahe des Weges ein Begräbnis zu geben. Ich ließ einen Stein aufstellen, der das Grab markiert.

Erst im nachhinein fügte sich für uns alles zusammen. Die Spuren im Buschwerk waren von der Riesenschlange. Sie führten direkt zum Tümpel. Erst danach müssen die Spinnen ihre Burg gewoben haben. Sie hatten die Kaufleute auf dem Weg überfallen und verschleppt. Doch warum, das sollte uns erst später klar werden.

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Zurück in Dragonford erwartete uns bereits am Zwingertor die Nachricht, daß auch hier keine Langeweile aufgekommen sei. Denn gegen kurz vor Mittag war in der großen Halle der Fußboden weggesackt. Mitten im Raum fanden wir einen etwa drei mal vier Schritt großen Krater vor, der etwa zwei Schritt tief war. Einer der Tische war hineingestürzt. Eonar sei Dank, war niemand verletzt worden. Außerdem war Steven, mein Kämmerer, seit der Nacht nicht mehr gesehen worden.

Die Halle hatte einen natürlichen Boden aus Fels und festgestampfter Erde. Bisher waren wir der Meinung gewesen, daß die Erde nur als dünner Belag auf gewachsenem Fels die Kuppe des Berges bildete. Doch hier sah es so aus, als ob das Felsmassiv mit Spalten und Verwerfungen durchzogen sei, in die sich der Lehm mit den Jahren abgesetzt und die man beim Burgenbau einfach aufgefüllt hatte.

Trotzdem wirkte dieser Krater nicht wie ein natürliches Wegsacken. Aus dem Dorf ließen wir nach einigen Bergleuten schicken, die der Sache buchstäblich auf den Grund gehen sollten. Bis diese eintrafen, informierte ich den Major über die Geschehnisse im Hertogenwald und wir suchten nach Steven. Martin erinnerte sich an sein Zusammentreffen mit dem Kämmerer letzte Nacht. Der Major berichtete, man habe zwar nach ihm gesehen, jedoch nicht gründlich gesucht. So schickte ich jeweils einen halben Squad in den Zwinger und durch die Oberburg, um nach dem Mann zu suchen. Ich selbst wollte mit Martin sicherheitshalber unsere Kammern überprüfen. Dort fanden wir nichts auffälliges. Martin wollte wissen, wo der Kämmerer sein Quartier hat und ich zeigte ihm Stevens „Kammer“, die mit Vorhängen abgetrennte Ecke im Dachgeschoß des Haupthauses, dem Schlafraum der niederen Offiziere. Das Lager war unbenutzt und ein Haufen Kleidungsstücke lag neben dem Strohsack. „Das ist doch sonst nicht seine Art, alles so herumliegen zu lassen …“ kam mir in den Sinn. Wir wollten bereits gehen, als Carol, die uns ebenfalls gefolgt war, lauschte. „Sire …!“ sagte sie und zeigte auf die Truhe neben dem Lager. Das Schloß hing am Riegel, doch jetzt konnten wir auch etwas hören. Kurzerhand schlug Martin auf mein Nicken hin mit seiner Klinge den Bolzen durch und schwang den Deckel hoch.

Dort lag Steven, mein Kämmerer, gefesselt und geknebelt, die Beine nach hinten gebunden und schaute uns traurig und stöhnend an. Wir befreiten ihn aus der Gefangenschaft und halfen ihm auf sein Lager. Durch die Fesseln und seine verkrampfte Haltung konnte er nicht direkt wieder laufen und war völlig kraftlos. Da er nur wußte, daß er vor vielen Stunden schon von hinten niedergeschlagen worden war und danach erst uns wieder wahrgenommen hätte, ließen wir ihn zurück und ausruhen. „Oh, danke, Sires. Ihr seid so mitfühlend und warmherzig.“ jammerte er. Eine Freiwache sollte bei ihm bleiben und sich um ihn kümmern.

Am späteren Nachmittag trafen ein halbes Dutzend Minenarbeiter ein, die auf meinen Geheiß hin begannen, den Schutt und die Erde aus dem Krater zu schaufeln. Ich glaubte zwar nicht, daß es viel bringen würde, doch so konnte man das Loch wenigstens fachgerecht verfüllen und ausbessern. Die Arbeiter schaufelten bis in den Abend hinein.

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Die Zeit ging schneller als erwartet. Martin und ich hatten uns etwas ausgeruht, als ein Lieutenant mich weckte. „Sire, wir haben etwas gefunden …! Aber seht besser selbst.“ Ich folgte dem Offizier nach unten und wir holten noch Martin aus seiner Kammer. In der großen Halle hatte sich mittlerweile ein stattlicher Haufen Schutt und Erde angesammelt. Das Loch im Boden war durch die Ausschachtungen mittlerweile mehr als anderthalb Mannslängen tief. Am  nördlichen Ende der Grube sah ich sofort das, was den Lieutenant so hatte stocken lassen in seiner Meldung. Es sah aus, als ob dort der Bogen eines Ganges im Felsen sein würde. Die Arbeiter waren aus der Grube gestiegen, also sprang ich hinunter, Martin folgte. Ich ging auf die Knie und hielt die uns gereichte Laterne in die gähnende Öffnung. Abgestandener Gestank von Schimmel und Moder quoll mir entgegen.

Tatsächlich lag vor mir ein mannshoher Gang, dessen Ende sich in der Dunkelheit verlor. Die Wände und Decke waren aus massivem Fels geschlagen. Auf dem von Moder schimmernden Boden waren kleine Pfützen Brackwassers, die Wände mit Schimmel und Grünspan bedeckt. Dort lagen wohl einige Hölzchen oder dünne Äste vermodert auf dem Boden.

Die Arbeiter gruben den Eingang ein wenig weiter frei, bis genügend Platz für uns war, durch die Öffnung zu steigen. Mehr auf meiner Kehrseite rutschend kam ich am Fuß des Geröllhaufens auf die Beine. Martin reichte mir eine Lampe und folgte mir dann. Nach uns folgten noch zwei meiner Männer. Wir mußten nur einige Schritte auf dem rutschigen Boden gehen, um zu merken, daß der Gang in einer Sackgasse endete. Das flackernde Licht unserer Laternen fiel auf eine Felswand, doch der Luftzug in unseren Gesichtern ließ uns sofort annehmen, daß es hier irgendwo rausgehen müßte. Und wirklich entdeckten wir in der Stirnwand des Ganges alte Steigeisen in den Fels getrieben, als wir näher traten. Außerdem fiel uns auf, daß der Belag aus Staub, Schmutz und Schimmel auf den Eisen frisch abgeschabt war. Jemand hatte diese Leiter bestiegen, und zwar vor sehr kurzer Zeit. Ich versuchte, hier unten eine Orientierung zu finden. Da die Nordwand meiner Halle massiv gemauert war, konnte es sich nur um eine Möglichkeit handeln, wo diese Leiter hinführen konnte.

Martin stieg zuerst hinauf. Nach etwa zwei Mannshöhen endete der Schacht. Neben den Steigeisen war ein großer Hebel in die Wand eingelassen. Die Steinplatte in Martins Rücken kratzte über den Felssockel und ein Spalt wurde sichtbar, als Martin ihn hinunterdrückte. Nun ließ sich die Platte mit den Händen zur Seite schieben in eine unsichtbare Aussparung in der Wand. Martin schreckte zurück, denn durch den neuen Luftzug loderten die Flammen des Kaminfeuers, in dem er fast stand, hoch auf. Der Zugang zu dieser unterirdischen Kammer führte tatsächlich durch den großen Kamin in meiner Halle.

Die um die Grube versammelten Menschen, staunten nicht schlecht, als wir plötzlich in ihrem Rücken standen. Niemand wußte von dieser Geheimtür, ergab eine Befragung. Wir versuchten den Sinn eines solchen Ganges zu ergründen. Mit einem Mal spannte sich mein ganzer Körper an. „Der Gang geht noch weiter …!  Bestimmt geht er noch weiter. Los, grabt auf der anderen Seite der Grube !“ Die Arbeiter zögerten nicht lange. Es dauerte nur kurz, bis sich mein Gedanke bewahrheitete.

Genau gegenüber der bereits erkundeten Öffnung war ein Gegenstück erkennbar. Der Gang führte in der Verlängerung des ersten Stückes weiter. An dieser Stelle war demnach scheinbar die Decke des Ganges eingestürzt und hatte den Krater in den Boden meiner Halle gerissen.

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Dieses Mal machte Martin den Anfang. Dieser Eingang war ein wenig weiter freigeschaufelt, als der andere. Jeder mit einer Laterne in der Hand stiegen Martin, ich, dann Carol und zwei Soldaten in den feuchten Gang hinab. In diesem Teil des Ganges war die Luft schlechter und fauliger. Würgende Finger legten sich einem um die Kehle, wenn man Atem holte. Auch schien die Luft irgendwie dunstig zu sein. Wir waren kaum einige Meter weit gekommen, als plötzlich aus der Schwärze vor uns dichter nebelartiger Dunst quoll. Er umhüllte uns und machte uns praktisch fast blind. Durch den Nebel erschien vor uns ein grünes Glühen und wir hörten ein dumpfes Grollen. Fuß vor Fuß tasteten wir uns voran. Mit einem Mal hörte man ein Schnappen und einer der Soldaten schrie schmerzhaft auf. Als wir uns zu ihm umwandten, fanden wir ihn am Boden liegend. In seiner rechten Schulter steckte ein Armbrustbolzen. Als sich Martin und Carol um den Verletzten kümmerten, suchte ich mit der Laterne die Wand ab. Die Falle steckte in einer schmalen Nische in der Wand. Die Vorrichtung sah zwar alt aus, doch hatte sie einen gewichtigen Beweis ihrer Funktionstüchtigkeit geliefert. Als ich den Boden genauer untersuchte, fand ich auch den Auslöser, der mit einer hölzernen Planke im Boden verbunden war.

Wir schafften den Verletzten aus der Öffnung und ich gab Befehl, daß sich sicherheitshalber niemand sonst in den Gang begeben sollte. Ich wandte meinen Blick in den etwas dünner gewordenen Nebel und rief nach meinem zweiten Mann. Jason, ein erfahrener Kämpe hatte den Tunnel im Auge behalten, während wir uns um den verletzten John gekümmert hatten. Doch jetzt war er nicht mehr zu sehen. „Jason, wo bist du ? – Was geht da vor ?“ rief ich in den Gang. Doch auch diesmal blieb die Antwort aus. Wir setzten bei jedem Schritt den Fuß vorsichtig auf, als wir weitergingen. Nach etwa drei oder vier Metern machte der Gang einen Knick nach rechts. Durch die Schwaden des Nebels erkannten wir das steinerne Becken einer Zisterne in der linken Wand, genau in der Ecke des Knicks. Das grüne Glühen war immer noch vor uns.

Martin und ich waren auf gleicher Höhe, als wir vorsichtig um die Ecke blickten. Zuerst war unser Blick ebenso getrübt, wie zuvor. Doch dann brach das Inferno los. Eine Feuersäule schoß auf uns zu. Dahinter erkannte ich im Bruchteil eines Augenblicks zwei große, grün leuchtende Augen, bevor der Gang im gleißenden Licht der Flammen brannte. Der Schreck und die Wucht ließen uns zurückzucken. Nur Augenblicke danach taumelte Jason um die Ecke. Er sah verstört aus und brabbelte wirres Zeug. Zwar entdeckten wir auf den ersten Blick keine Verletzungen an ihm, doch schickte ich ihn aus dem Tunnel. Er schwankte dem Ausgang zu und verschwand aus unserer Sicht.

„Auf drei gehen wir vor. Soll es doch sein Glück mit uns versuchen, dieses Vieh.“ – „Zeigen wir ihm, daß nicht er, sondern du hier der Hausherr bist, Braddock.“ Wir sprangen gleichzeitig um die Ecke und gingen mit gezogener Waffe vor. Der Nebel war zwar dünner geworden, doch war die Sicht immer noch bescheiden. Doch wir bemerkten beide sofort, daß das Glühen und Grollen verschwunden war. Eigentlich wurde uns beiden gleichzeitig klar, daß hier unten nicht das gewesen sein konnte, was wir zunächst vermuteten.

Dann schrie Carol hinter uns erschrocken auf. „Sire, hier liegt jemand.“ Wir eilten zu ihr. Sie war an der Zisterne auf die Knie gesunken, und schaute auf den Körper der halb unter dem gemeißelten Becken lag. Aus einer großen Platzwunde an der Schläfe rann das Blut quer über das Gesicht des Mannes, doch ich erkannte ihn trotzdem sofort.

„Jason!!!“

Wir rannten alle drei fast gleichzeitig los. Martin erreichte die Öffnung als erster und wollte hindurchspringen. Doch dann geschah seltsames. Er prallte ab von einer Art Nebelwand, die, wie es schien, so fest war wie Fels. Mit seinem Taumeln riss er mich mit zu Boden. Carol drängte an uns vorbei und versuchte es langsam. Sie streckte zuerst einen Arm in das Gebilde aus fester Luft, dann den anderen. Mit ihren langsamen Bewegungen konnte sie sich hindurchzwängen, wie durch Gelee.

Martin hatte sich wohl die Schulter geprellt, doch standen  wir beide auf und taten es Carol gleich. Langsam und träge kamen auch wir dann frei.

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Carol hatte einen recht großen Vorsprung. Ihre Erlebnisse bis zu dem Moment, als wir sie wieder trafen, kann ich nur aus ihren Berichten und den Zeugnissen meiner Männer hier wiedergeben :

Die Knappin kletterte aus der Grube, nachdem sie sich aus der Nebelwand befreit hatte. Sie sah sich kurz um. Ohne zu zögern, fragte sie den nahestehendsten Soldaten, wo der Mann aus dem Tunnel hingegangen sei. Und ihre Stimme schwoll an zu einem befehlenden Geschmetter, daß der Befragte nur verstört und knapp auf die hölzerne Tür zum Hof zeigte. „Da lang.“ Spontan rannte sie aus der Halle. Im Hof blickte sie sich erneut um und dann sah sie ihn.

Der Mann hatte immer noch die Gestalt des Soldaten Jason, doch der Ausdruck von Panik in seinem Gesicht war verschwunden. Statt dessen war seine Miene hart und voller Haß. Er kam aus Richtung der Schmiede, wo er sich wohl ein Reittier beschaffen wollte. Doch waren unsere Pferde im unteren Hof der Burg verblieben.

Zuerst kam er noch harmlos und langsam auf sie zu geschlendert. Doch als Carol ihren Streitkolben zog und auf den falschen Jason zuschritt, bekam dieser es mit der Angst zu tun. Er wollte losrennen, um das Tor zu erreichen, doch Carols Kolben erwischte die Schulter des Flüchtenden, als dieser sie passierte. Der Mann strauchelte und fiel. Carol setzte nach und verfehlte ihn nur knapp. Jason II. kam wackelnd wieder auf die Beine. Doch noch bevor er sich zu einem neuen Fluchtversuch umdrehen konnte, griff Carol mit der freien Hand nach dem Wams des Mannes um ihn zu halten. Dieser begann dann wohl, eine Formel herunter zu beten, wahrscheinlich um einen Zauber auf die Knappin zu wirken. Und er zog einen Dolch und versuchte, sie damit aufzuschlitzen. Doch Carol ließ nicht los und wehrte sich mit einem weiteren festen Hieb auf den Unbekannten, bis dieser vor ihr zusammensackte. Der letzte Schlag hatte seinen Kopf getroffen.

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Etwa zu dieser Zeit hatten wir uns auch aus dem Tunnel befreit und eilten auf den Hof hinaus. Wir fanden die junge Knappin über ihrem Gegner stehend, die Waffe noch bereit zum Schlag. Der Verletzte hatte nicht mehr die Gestalt meines Soldaten, sondern eine mir unbekannte, vermutlich hatte er durch die Verletzungen die Macht zur Illusion verloren und zeigte uns nun sein richtiges Aussehen. Jetzt erst kamen auch einige Wachen zum Kampfplatz. Zwei Soldaten nahmen den Mann in Schach, ein dritter untersuchte den liegenden, während Carol sich zurückzog. Der falsche Jason war schwer verwundet. Martin beugte sich über ihn und fragte : „Wer bist du und was führst du im Schilde.“ Doch die Antwort war nur unverständliches Kauderwelsch. Dann lachte der Unbekannte noch kurz heiser und sackte in sich zusammen. Er war tot.

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Bei der Untersuchung des Toten fanden wir in seiner Tasche einige Schriftrollen und Pergamente, teils in einer unleserlichen Schrift, teils lesbare Aufzeichnungen noch unbekannten Inhalts.

Zurück in der Halle redete Martin mit seiner Knappin, die sich Vorwürfe machte, den Mann umgebracht zu haben. Als mein Freund sie beruhigt hatte, schauten wir nach dem echten Jason, der inzwischen aus dem Gang geholt und versorgt worden war. Die Verletzungen waren weniger dramatisch. Der herbeigeholte Major berichtete, daß sich die Nebelbarriere aufgelöst hatte.

Wir machten einen erneuten Erkundungsgang, diesmal weniger Ärger erwartend. Und tatsächlich hatte sich die Luft dort unten sehr verbessert. Trotzdem vorsichtig gingen wir weiter in den Stollen hinein, an der Zisterne vorbei und um die Ecke. Kurz darauf fanden wir eine weitere Bolzenfalle in der Wand. Wir lösten sie vorsichtig aus und gingen weiter.

Der Gang öffnete sich in eine kleine Kammer mit einer Mittelsäule, die aus dem Fels geschlagen war. Links und rechts des Eingangs lagen eingestaubte Schutthaufen, die vermutlich aus früheren Einstürzen stammten. Doch verbargen sie keine weiteren Tunnel. Nur geradeaus ging der Stollen weiter, machte wieder eine Rechtskurve. Plötzlich erschien schemenhaft im Licht der Laternen eine große Gestalt, die sich in einer Nische vor uns zu verstecken versuchte.

Doch schon beim zweiten Hinsehen erkannten wir, daß es die große steinerne Statue eines Kriegsorks war. Sie war verwittert und ein Arm war abgebrochen. Den weiteren Durchgang versperrte jetzt ein faulender und zerschlissener Vorhang, der jedoch aus mehr Löchern als aus Tuch bestand. Dahinter endete der Tunnel in einem weiteren kleinen Raum. Dieser war „eingerichtet“ mit einem aus dem Fels geschlagenen Tisch, davor ein verrotteter Holzschemel. Ein weiterer Steinklotz ähnelte einer Lagerstatt. In der Wand links von uns war in den Fels eine Art Regal herausgemeißelt worden. Die Stofffetzen, die hier den Einblick verwehren sollten, waren heruntergerissen worden. Der gesamte Raum war von Spuren einer kürzlichen Durchsuchung übersät. Was auch immer hier zu finden gewesen war, der Fremde hatte es vor uns gefunden. Ich hoffte, daß die Schriftstücke, die wir bei ihm fanden, alle gewesen sind. Doch nichts deutete auf einen Komplizen hin.

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Nach uns suchten mein Schreiber und der Major mit einigen Leuten beide Stücke des Ganges noch einmal ab, doch auch sie fanden nichts weiter. Im ersten Stück des Ganges war ebenfalls eine Armbrustfalle angebracht. Sie war vermutlich von dem Fremden ausgelöst worden. Der Bolzen lag am Boden. Unter dem Schutt in der ersten Kammer fand sich ebenfalls nichts mehr.

Nachdem allgemein die Ruhe eingekehrt war, zogen auch wir uns zurück, um uns endlich zur Nachtruhe zu begeben. Am nächsten und dem darauffolgenden Tag versuchten wir, das Puzzle unserer Informationen zu ordnen.

Bei genauerer Untersuchung des Fremden, stellte sich heraus, daß er wohl ein Anhänger der Mystiker sein mußte, uralte Feinde des Königreiches. Er trug Schriftstücke bei sich und eine Tätowierung am Körper, die das Zeichen der Spinne zeigten. Mein Alchimist fand heraus, daß die Tränke in den Phiolen aus dem Hertogenwald ein Gift enthielten, welches bewirkte, Menschen in wilde Kreaturen zu verwandeln. Die Spinnen und vielleicht auch die Schlange waren – wahrscheinlich unfreiwillig – verwandelte Menschen gewesen. Der Überfall auf die Kaufleute war nur ein Vorwand, uns aus der Burg zu locken. Dies ergab die Übersetzung einer der Schriften des Mystikers, dessen Name nach den Briefen wohl Ramsey („Pamsel? Was zur Hölle soll Pamsel heißen?“ – IT-Übersetzungsmissgeschicke… 🙂 ) gewesen war. Die Verletzungen des Toten, den die Patrouille am Waldrand fand, sind nach all diesen Erkenntnissen auch erklärbar geworden. Die Löcher am Hals und an anderen Stellen waren vom Biß der Schlange, ebenso die erstarrte Körperhaltung, wahrscheinlich durch ein lähmendes Gift. Die große Wunde am Bein war gerissen worden von den Beißwerkzeugen einer Spinne und die bleiche Haut zeugte von hohem Blutverlust.

Höchstwahrscheinlich war auch der Reisende am Abend, als Martin ankam, eben dieser Ramsey. Er wollte uns mit seinen Hinweisen auf die Kaufleute dazu bringen die Burg zu verlassen, damit er sein Werk in Ruhe vollenden konnte. Der Mystiker hatte sich dann wohl mit einem Zauber unsichtbar gemacht und war in die Burg eingedrungen, eventuell als der Priester des Nachts gerufen wurde. Die Tür der großen Halle, die einen Moment innehielt, bevor sie zufiel, war wohl der Moment seines Eintritts. Er muß auch Martins Kammer durchsucht haben. Dies bemerkte Carol ebenfalls, doch da der zuerst verschwundene Brief später wieder da war, verloren wir diesen Zwischenfall wohl wieder aus unserer Beachtung. Auch die Schlange in meinem Bett war auf sein Konto zu schreiben.

Später muß Ramsey dann Steven niedergeschlagen und seine Gestalt angenommen haben, um auch an den aufgestellten Wachen vorbeizukommen. Dies erklärt das auffällige Verhalten beim nächtlichen Treffen mit Sir Martin in der Küche. Während der Nacht muß er durch den Geheimgang im Kamin in den Gang hinabgestiegen sein, um nach dem zu suchen, was laut eines weiteren Briefes dort unten zu finden gewesen sein sollte. Die gefundenen Schriften, die er bei sich trug, waren Abhandlungen magischer Rituale oder Geisterbeschwörungen. Weniges davon machte einen Sinn für uns.

Der Einsturz des Ganges durchkreuzte seine Pläne wohl gewaltig. Eingeschlossen saß er in seiner eigenen Falle. Unsere Neugierde war seine (vorläufige) Rettung. Wir gruben den Gang aus.

Das feuerspuckende Monster, der Nebel und zu guter Letzt der falsche Jason waren Illusionen, die uns alle zunächst täuschten. Doch seine Flucht endete am kalten Metall eines Streitkolbens und an der Wut einer unbändigen Kriegerin.

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Ich war erschüttert von der komplexen Art dieser Verschwörung. Was konnten diese Gesellen noch alles anstellen, um der Gerechtigkeit und der guten Sache zu schaden. Würden wir alle am Ende unser Leben und alles Gute verlieren und diese Kreaturen die Sieger sein …?

Später ließ ich den eingestürzten Gang vollständig freilegen und neu vermauern. Dann verschlossen die Arbeiter das Loch im Boden der Halle mit Mörtel und Lehm. Den Eingang des Ganges hinter dem Kamin ließ ich mit einem eisernen Gittertor verschließen, zu dem nur ich einen Schlüssel habe. Die Räume unter der Erde beließ ich, wie sie waren. Wem auch immer sie als Zuflucht oder Versteck gedient haben mögen, sie sollen für immer verschlossen bleiben, bis vielleicht eine Antwort auf die vielen Fragen zu finden sein mag.

Was wird uns noch alles erwarten ?

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Erlebt und aufgeschrieben von Lars G., 12.1997
mit Dank an ZIPP.


Eingetragen von LaGa am 12. Januar 2012


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